Lichtenberger® Methode

Die Lichtenberger® angewandte Stimmphysiologie ist ein Weg zu körpergerechter, druckverminderter Tongebung und Technik. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus Anatomie und Physiologie gehen hier Hand in Hand mit künstlerischer Arbeit. Die Klangschwingung selbst, die nicht nur hörbar ist, sondern auch im Körpergewebe spürbar werden kann, wird wie ein Echolot eingesetzt, um als Interpret die am Klanggeschehen beteiligten inneren Körperstrukturen neu zu erfahren. Durch diese erweiterte Beziehung zwischen Klang und Körper wird es möglich, große Präsenz und intuitive Sicherheit beim Musizieren, Sprechen und Singen zu erlangen.

Physiologie wird Klang – Klang wird physiologisch

Es ist uns vertraut, wenn aus unserem Körper Klang entsteht: Wir gebrauchen ihn, um zu sprechen, zu singen und Instrumente zu spielen. Eine neue Erkenntnis ist aber, dass die Klangschwingung selbst ganz unmittelbar das Verhalten von Bindegewebe, Muskeln und Nervensystem beeinflussen kann: Rückkoppelnd bestimmt sie auf diese Weise ihre eigene Entstehung und Qualität. Wie geht dies vor sich?

Motorische Ruhe, sensorische Wachheit

Weite Teile unseres Körpergewebes sind reich mit Rezeptoren ausgestattet, die Vibration, Dehnung oder Druck registrieren. Diese sind in der Lage, die feinmotorische Aktivität unserer Muskulatur hocheffizient zu steuern. Verfeinern wir unsere Wahrnehmungsfähigkeit, z.B. indem wir lernen, ausführende Organe wie Finger, Zunge, Lippen und Stimmbänder als Empfänger statt als Produzenten von Klangschwingung zu erfahren, geben wir diesen Körperstrukturen die Möglichkeit zu sensorisch gelenkter Selbstorganisation. Wenn beispielsweise unser Ohr zu einem differenzierten Resonanzraum wird, erleben wir, wie unsere Sinnesorgane einen Wandel vollziehen können: Vom wertenden „Ab-Checken“ des Klangs zum genussvollen, instinkthaften Gestalten.

Wahrnehmung statt Kontrolle

Eine Schlüsselrolle spielen hierbei die Faszien (Bindegewebe) und der Kehlkopf. Dieser ist nicht nur Schwingungserzeuger, sondern auch ein doppeltes Atemventil, das Über- und Unterdruck in Lunge und Vokaltrakt regelt und somit physikalisch selbst an der feinsten Kraftausübung beteiligt ist. Wird er zum aufnehmenden, sensorischen Organ, kann er eine grundlegende Änderung der Körperdisposition bewirken: Man spielt, singt oder spricht plötzlich „wie von selbst“, mit verringertem Kraftaufwand und einem freien, brillanten Klang, der aufhorchen lässt.

Fragepädagogik auf Augenhöhe

Die Lichtenberger® Arbeit besitzt den Charakter eines gemeinsamen Prozesses, in dem der Lehrer seine geschulte Wahrnehmung dem Schüler als externen Sinnesapparat zur Verfügung stellt. Der Pädagoge lenkt durch gezielte Fragen und sensorische Stimulationen die Aufmerksamkeit des Schülers auf das innere Körpergeschehen und hilft ihm so, Flexibilität und eine starke, individuelle Beziehung zum Klang jenseits des bloßen Hörens zu entwickeln.

Die erweiterte Rolle des Klangs wirkt auf den ganzen Menschen. Sie kann festsitzende körperliche und technische Muster auflösen, sogar hinderliche mentale Prozesse transformieren und eröffnet Fragen und Antworten zur Interpretation, die motivierende neue Ansätze für die Arbeit am Repertoire entstehen lassen.

 

Das Lichtenberger® Institut für angewandte Stimmphysiologie wurde 1982 von der Sängerin und Gesangspädagogin Gisela Rohmert und dem Ergonomen Prof. Dr. Ing. Walter Rohmert gegründet. Seit 2010 hat der Geiger Martin Landzettel die Institutsleitung inne. Auf Basis der Ergebnisse umfangreicher physiologisch-akustischer Messreihen an Musikern in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt wird hier in empirischer interdisziplinärer Forschung ein neuer Ansatz in der Stimm- und Instrumentalpädagogik erarbeitet und gelehrt.

Lichtenberger Method